SF6 im Wandlerbau
Das Gas Schwefelhexafluorid (SF6) wird in der elektrischen Energietechnik als Isolier- und Löschmedium, insbesondere in Schaltanlagen und deren Komponenten eingesetzt. Neben den vielfältigen positiven Eigenschaften hat SF6 den Nachteil eines sehr hohen Treibhauspotentials (Global Warming Potential, GWP). Laut Intergovernmental Panel on climate Change (IPCC) liegt der GWPWert bei 23.500. Grundsätzlich handelt es sich bei dem GWP-Wert um das CO2-Äquivalent einer chemischen Verbindung und ist eine Maßzahl für ihren relativen Beitrag zum Treibhauseffekt, also ihre mittlere Erwärmungswirkung der Erdatmosphäre über einen bestimmten Zeitraum (in der Regel 100 Jahre). Sie gibt damit an, wie viel eine bestimmte Masse eines Treibhausgases im Vergleich zur gleichen Masse CO2 zur globalen Erwärmung beiträgt. Die Kategorisierung von SF6 als eines der sechs Treibhausgase im Kyoto Protokoll von 1997 war der Anstoß für eine Diskussion emissionsreduzierender Maßnahmen in der Anwendung als Isolier- und Löschgas in elektrischen Betriebsmitteln. Im Jahr 2017 wurden ca. 8.000 Tonnen SF6 weltweit erzeugt. Diese Menge entspricht einem Äquivalent von 190 Millionen Tonnen CO2. Dies wiederum sind ca. 0,53 % der globalen CO2-Emissionen von 2017. Diese Umrechnung beinhaltet jedoch nicht die längere Verweildauer von SF6 in der Atmosphäre. Während CO2 4 bis 120 Jahre in der Atmosphäre verweilen soll, kommt SF6 auf stattliche 3.200 Jahre. (1) In Deutschland lieferten Händler 2017 rund 976 Tonnen aus. Rund 80 Prozent werden in der Elektroindustrie verarbeitet. Das Gas gelangt nicht direkt in die Atmosphäre, sondern wird in der Regel in geschlossene Komponenten gefüllt. Durch Lecks und unsachgemäße Wartung kann das Gas aber in die Atmosphäre gelangen. So werden ca. 15 Prozent der eingesetzten Menge in die Atmosphäre freigesetzt. (1) Auch wenn sich das Gas wiederverwenden lässt, ist die Entsorgung noch nicht gelöst und so gelangt der Großteil schlussendlich in die Atmosphäre.
Um die Konzentration von SF6 in der Atmosphäre weiter zu begrenzen haben die politischen Entscheidungsträger verschiedene
Verbote erlassen. So verbietet eine EU-Verordnung das Gas in die Noppen von Schuhsolen zu füllen. Auch Autoreifen, Tennisbälle
und doppelt verglaste Fenster werden seit einigen Jahren ohne SF6 gefertigt. Nur in Schaltanlagen und deren Komponenten bleibt der
Einsatz erlaubt. (1)
Schaltanlagen können generell auch als luftisolierte Anlage ohne SF6 ausgeführt werden. Trotzdem können einzelne Komponenten
auch hier SF6 enthalten. Die folgende Tabelle gibt diesbezüglich einen Überblick.
Luftisolierte Anlagen sind aufgrund der geringeren Durchschlagsfestigkeiten generell deutlich größer zu bemessen. Vor allem in
begrenzten Räumlichkeiten werden deswegen oftmals SF6-Anlagen bevorzugt eingesetzt. Auch bei erneuerbaren Energien werden
aus diesem Grund vermehrt SF6-Anlagen eingesetzt. (2)
Auch wenn viele Unternehmen derzeit nach einem umweltverträglichen Ersatz für SF6 forschen, so gibt es bis jetzt relativ wenig
Alternativen, die bisher in größerem Umfang in der Elektroindustrie eingesetzt wurden. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die verwendeten Isolationsstoffe.
Die elektrische Durchschlagsfestigkeit hängt oftmals von vielen Parametern wie z.B. Fertigungstoleranzen feldbeeinflussender Teile,
Verunreinigung des Isolierstoffes, Alterung des Materials sowie die Homogenität des elektrischen Feldes und die
Spannungsbeanspruchung (Transienten oder Oberschwingungen) ab. Für alle Isolationsstoffe gilt, dass mit größerer Isolationsstrecke
auch die Durchschlagsspannung und somit die maximal mögliche Betriebsspannung zunimmt. Aus diesem Grund wächst die
Anlagengröße mit der Betriebsspannung. Gase wie SF6 besitzen einen nahezu linearen Anstieg, während bei Feststoffen, Öl und
Vakuum eine Art Sättigung eintritt.
Auch der Wandlerbau in der Mittel- und Hochspannung bedient sich der guten Isolationseigenschaften von SF6. In der Mittelspannung
werden meist Drücke knapp über 1 bar und in der Hochspannung bis zu ca. 8 bar eingesetzt. In der Mittelspannung sind es oftmals
Spannungswandler, die unter SF6-Atmosphäre vergossen werden, um die normgerechten Teilentladungspegel einhalten zu können.
Die in der Produktion verwendeten Materialien reichen oft nicht aus, um normgerechte Geräte zu bauen. Zu geringe Isolationsstrecken,
nicht optimierte Feldverläufe und Verschmutzungen des Epoxidharzes können zu unerwünschten Teilentladungspegeln führen.
In und an der Primärspule des Spannungswandlers kann es aus oben genannten Gründen immer wieder zu nicht mehr normgerechten höheren Teilentladungspegeln kommen.
Abbildung 2: Schnittzeichnung – Aktivteil eines MS-Spannungswandlers
Im Spannungswandler wird die komplette Betriebsspannung vom Primäranschluss bis zum Erdanschluss abgespannt. Diese
Spannung wird auf die Sekundärwicklung mit dem entsprechenden Übersetzungsverhältnis transformiert. Aufgrund von
Verschmutzungen und sehr geringen Gießharzwandstärken kann es im Kernfenster zu Teilentladungen kommen, die zum Ausfall des
Gerätes führen. Wird das Gerät unter SF6-Atmosphäre vergossen, können diese Teilentladungen komplett unterdrückt werden. Auch
innerhalb der Primärspule selbst, wo kaum Epoxidharz hineingelangt, können Teilentladungen auftreten.
Die Lagenisolation muss eine entsprechende Durchschlagsfestigkeit aufweisen. Die maximale Spannung, die an der Lagenisolation
anliegt kann durch die Dimensionierung der Primärspule verringert werden. Darüber hinaus können verbesserte Isolationsmaterialien
dazu führen, dass die Teilentladungspegel gesenkt werden. Bei schwacher Isolation kann auch hier ein Verguss unter SF6
durchgeführt werden, wodurch die Teilentladungspegel gesenkt werden können.
Wie in der Schaltanlage kann das SF6-Gas aber über die Zeit durch verschiedene Leckagen aus dem Spannungswandler entweichen.
Die Isolationsfestigkeit wird über die Jahre verringert. Ein Totalausfall im Messfeld ist trotzdem unwahrscheinlich, da die hohen
normativen Prüf-Spannungspegel in der Praxis nicht erreicht werden. In der Zukunft sollte aber generell mit einer zunehmenden Anzahl
an Spannungstransienten und höheren Oberschwingungsamplituden auch in der Mittelspannung gerechnet werden, die die
Lebensdauer elektrischer Komponenten teilweise deutlich reduzieren können. (3)
Die MBS AG fertigt seit drei Jahren die komplette Angebotspalette in der Mittelspannung SF6 frei. Durch verbesserte
Isolationsmaterialien in der Fertigung und eine optimierte Steuerung der Feldverläufe ist die Ausfallquote bei der
Teilentladungsmessung, welche Teil der Stückprüfung ist, trotzdem verschwindend gering. Der Kunde erhält einen SF6 freien Wandler
mit hervorragenden Isolationseigenschaften über die komplette Lebensdauer. Die CO2-Bilanz der EVUs wird nicht negativ beeinflusst.